Der Capri Roller ist ein klassischer Motorroller mit Handschaltung der von 1958 bis 1968 in Italien produziert wurde. Die Geschichte zur Entwicklung des Capri beginnt mit der Firma Agrati aus Cortenuova, Monticello Brianza. Diese hatte sich in Italien einen guten Ruf als Hersteller für Fahrräder und Fahrradkomponenten erarbeitet. Durch die Zusammenarbeit mit der benachbarten Motorenbauer Garelli war ein erster, vielversprechender Erfolg mit dem "Mosquito" einem Hilfsmotor für Fahrräder erzielt worden. Agrati wollte dieses Zusammenarbeit nun für den Einstieg in den vielversprechenden Motorrollermarkt nutzen.
Agrati hatte bei seinen Produkten eine sehr hohe Fertigungstiefe. Metallteile wie Rahmen und Blechverkleidung stellte man im eigenen Werk her und komplettierte diese mit den von Garelli gelieferten Motoren. Kostenvorteile wurden bei der späteren Entwicklung weiterer Modelle durch eine sehr breite Verwendung von Gleichteilen erzielt, der in Form eines günstigen Kaufpreises an den Kunden weitergegeben wurde. Der dadurch vergleichsweise günstige Endpreis bei guter Qualität trug erheblich zum Erfolg des Capri Roller bei.
Agrati Capri 80
Agrati Garelli Capri 100
Agrati Garelli Capri 125 Super
Agrati Garelli Capri 150
Motobic Stela (Eibar, Spanien)
ASE Capri (Helsinki, Finnland)
Garelli Lido (Argentinien)
1958 - Agrati stellt den Capri 70 vor
1960 - Vorstellung Capri 80 mit Minarelli Motor
1961 - Capri 98 und Como 50 werden vorgestellt, der Capri 50 mit Sachs Motor wird in Deutschland ausgeliefert
1962 - Capri 50 und 100 mit Garelli Motor werden vorgestellt und löst in Deutschland die Sachs-Modelle ab.
1963 - Capri Super 125 mit neu entwickeltem Motor erscheint
1965 - Capri 100 und 150 erscheint, die neue Karosserieform der Brianzamodell wir vorgestellt.
1968 - die Produktion der Capri Roller wird eingestellt.
Die Konstruktion des Rollers ist einfach und robust gehalten. So konnte man sicherstellen, dass im Falle eines Defekts der Fahrer am Straßenrand mit dem Bordwerkzeug oder bei größeren Problemen eine kleine Landwerkstatt ohne viel Spezialwerkzeug eine Reparatur vornehmen konnte.
Das Rückgrat des Rollers bildete ein Zentralrohrrahmen, dessen Motoraufnahme auf das entsprechend verwendete Antriebsaggregat angepasst ist. Dieser wurde mit Blechformteilen verkleidet, die alle mit dem Rahmen verschraubt wurden.
Die Motoren lassen sich grob in die Einbaumotoren der Capri 50 bis 100 und die Antriebsschwingen-Motoren der Capri 100 bis 150 unterscheiden.
Die "kleinen" Motoren basierten von der Grundkonstruktion auf dem Garelli Motor mit 70 ccm. Der Kickstarter-Motor war luftgekühlt und wurde in ähnlicher Form später auch in von Agrati angebotenen Mopeds und Mokicks verwendet. Die Antriebskraft wurde per 3- bzw. 4-Gang-Getriebe über eine Kette an das Hinterrad weitergegeben. Ungewöhnlich ist die Position des Leerlaufs bei diesen Motoren, der nicht zwischen dem ersten und zweiten Gang liegt, sondern vor dem ersten Gang. Die Anordnung ist in der Praxis etwas gewöhnungsbedürftig, weil man immer über den kleinsten Gang in den Leerlauf schaltet.
Die "großen" Antriebsschwingen-Motoren waren ausschließlich für den Capri Roller mit einem Hubraum von 125 ccm entwickelt worden. Später wurde dieser auch in überarbeiteter Form mit Hubräumen von 100 und 150 ccm angeboten. Eine Duplexkette leitete die Kraft in einem durchgehend geschlossenen Kettengehäuse von der Kurbelwelle an die Kupplung weiter, die Schaltung liegt auf Höhe der Hinterachse.
Das Fahrwerk war vorne mit einer gezogenen Kurzschwinge ausgestattet, die im Capri 70 noch mit Stahlfedern ohne Dämpfung arbeitete. Als Optimierung wurden diese recht schnell durch Gummi-Federelemente ersetzt, die eine bessere Straßenlage ergaben. Hinten wurde das Hinterrad der Capris mit Einbaumotor über eine Langschwinge an zwei ölgedämpften Stahlfederbeinen geführt. Die großen Capris federten den Antriebsschwingenmotor über ein einzelnes Federbein ab.
Die Räder der Capri-Roller sind vorne wie hinten 12 Zoll groß und anfangs noch beim Capri 70 als Speichenräder ausgeführt. Diese doch recht aufwändige und pflegeintensive Lösung wurde im Zuge der Modellpflege schnell durch Stahlpressfelgen ersetzt, die jedoch nicht teilbar waren. Ein Reifendefekt war somit nur umständlich zu beheben. Der als Zubehör vom Werk erhältliche Ersatzradhalter war also sicher eine gute Wahl.
Der Lenker ist als Rohrkonstruktion ausgeführt, die mit einer Ober- und Unterschale aus Pressstahlblech verkleidet seine typische Form bekam und das Tacho sowie die elektrische Verteilung im Kopf aufnahm. Die "großen" Capri-Roller erhielten teilbare Lenker aus Aluminiumguss, die ohne eine tragende Rohrkonstruktion im Inneren auskommen.
Bei der elektrische Ausstattung der Roller griff man auf bewährte Hersteller wie CEV oder Dansi zurück. So lieferte CEV neben der Beleuchtung auch die elektrischen Schalter und Verteiler sowie für den Garelli Motor die Zündung.
Der Hersteller Dansi lieferte bei den Capris mit Antriebsschwinge alternativ die Zündung.
Die Einzelsitze und später die Sitzbank kamen von einem bekannten Zulieferer aus der Region.
In der Produktion flossen auch Verbesserungen ein. Neben den erwähnten Felgen wurde die Befestigung der Seitenhauben verbessert, deren Federverschluss auf stark unebenen Straßen schon einmal aufging - er wurde durch eine Flügelschraube ersetzt. Für mehr Sicherheit sorgten ein Brems- und Fernlicht sowie eine Blinkeranlage.
Dem sich ändernden optischen Käufergeschmack begegnete man mit einer Überarbeitung des Kotflügels und der Heckpartie des Capri Rollers. Bei unveränderten Rahmen und nahezu gleichen Karosseriemaßen wirkte das Design der Capri-Brianza-Roller moderner und erwachsener. Ein kleines Fach unter dem Sitz bot darüber hinaus auch einen praktischen Mehrwert.
Die Produktion endete wahrscheinlich 1968, wobei die produzierten Einheiten noch bis in die 1970er Jahre im Handel verkauft wurden.
Der Capri Roller wurde neben seinem Heimatland Italien weltweit in viele verschiedene Länder exportiert bzw. als Lizenzbau gefertigt.
Die Lizenzierung eines Produktes war eine gängige Praxis um die Einfuhrzölle zwischen den einzelnen Ländern des damals noch nicht als Europäische Union agierenden Wirtschaftsraum aber auch im Europäischen Ausland wie Argentinien zu mindern.
Capri wurde der Roller angeboten und vertrieben in:
Als Lizenzbau wurden gefertigt und angeboten:
Italien
Die Capris gab es natürlich zu aller erst im Heimatland des Herstellers zu kaufen. Leider spreche/verstehe ich kein italienisch, um hier an detailiertere Informationen zu gelangen. Hilfe und Details diesbezüglich sind hoch willkommen.
England
Das Insellreich war wohl einer der ersten, wenn nicht sogar der erste Auslandsmarkt, den Agrati erschlossen hat. Zumindest habe ich aus der Zeitschrift "Motor Cycling" den ältesten Test zum Capri Roller, einem D Modell mit 70 ccm und Speichenrädern.
In Großbritannien wurden die Capris unter einer eigenen Vertriebsfirma, der Capri Scooter Ltd. später Agrati Sales Ltd. mit Sitz in Nottingham, vertrieben. Vom Start weg waren die englischen Tester von den Capris begeistert. Sie lobten, wie später ihre deutschen Kollegen, das vergleichsweise geringe Gewicht des Rollers, die sehr guten Bremsen und die präzise Schaltung. Der im Vergleich zur Vespa und Lambretta niedrigere Preis tat ein übriges zum Erfolg auf der Insel. Im Unterschied zum deutschen Markt waren die englischen Capris mit 70 - 150 ccm etwas hubraumstärker orientiert. Später wurden jedoch aus die 50ccm Modelle auf dem englischen Markt angeboten.
Deutschland
In Deutschland wurden die Capris auf Initiative des Importeurs, der Firma Helmig, zuerst mit 50ccm Sachs Motor in zwei Leistungsvarianten für 45 und 70 km/h am Markt eingeführt. Kurze Zeit später entschied man sich diesen nationalen Alleingang zu Gunsten der schon in Italien verbauten Garelli Motoren aufzugeben. Diese Triebwerke waren mit 50, 100 und 125ccm lieferbar, die 50er wieder in zwei Leistungsabstufungen. Der Vertrieb und Service ging ab ca. 1966 von der Firma Helmig auf die Firma Neckermann über. Dieser verkaufte auch unter der Bezeichnung Mocar ein Lastendreirad auf Capri Basis.
Österreich
Bei unseren südlichen Nachbarn kann ich den Vertrieb der Capris in Form einer Generalvertretung durch die Firma Motor-Service Hinterberger & Co. mit Sitz in Wien belegen. Angeboten wurden die kleinen 50er Capris, aber auch die hubraumstärkeren Modelle sollen laut Prospekten erhältlich gewesen sein. Ebenso war ein Lastendreirad lieferbar.
Finnland
Im Norden Europas wurde der Garelli Capri in Lizenz von der Firma ASE unter eigenem Namen als ASE Capri gebaut und vertrieben. Die Bauzeit muß länger gewesen sein, da mir sowohl Rund- als auch Fließheckversionen bekannt sind. Die Motorisierung begann mit 75ccm, 100ccm Modelle sind mir ebenfalls bekannt.
Spanien
Die Firma Motobic verkaufte ein Rundheck Capri Model mit eigenem Motor. Dieser hatte 75ccm.
USA
Die Amerikaner konnten den Capriroller als 60 ccm Version in der Rundheckversion kaufen. Wie erfolgreich Garelli damit war ist mir nicht bekannt.
Argentinien
Hier wurde der Capri als Lizenzbau unter den Namen Lido und mit 75 ccm gebaut und vertrieben. Es handelte sich dabei um das Modell mit Rundheck und Speichenrädern. Das Vorderrad wurde von einer geschobenen Schwingenkonstruktion geführt.